Arbeitsschutz Kompakt Nr. 137
Verarbeitung von Dichtstoffen/Dichtungsmassen in der Holzbearbeitung
In der Holzbearbeitung werden als Dichtstoffe oder Dichtungsmassen meist wasserbasierte Acryl-Dichtstoffe (Acrylatdispersionen), Silikondichtungsmassen oder sogenannte SMP-Systeme (hybridpolymerbasierte Dichtungsmassen) eingesetzt. Sie werden in der Regel aus Kartuschen in die zu dichtende Fuge eingebracht und anschließend glattgestrichen.
Wasserbasierte Acryl-Dichtstoffe enthalten meist Konservierungsmittel. Bei direktem Hautkontakt kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Bei Silikon- und SMP-Dichtstoffen können Gesundheitsgefahren durch flüchtige Stoffe entstehen, die bei der Aushärtung (Vernetzung) freigesetzt werden. Je nach System sind das zum Beispiel Essigsäure, Alkohole oder Oxime. Wird Essigsäure frei (aus sogenannten Acetat-Systemen), sind bei direktem Hautkontakt Reizungen und Verätzungen möglich.
Aus den sogenannten Oxim-Systemen werden beim Verarbeiten Oxime freigesetzt, die vermutlich Krebs erzeugen können. Beim Verfugen in Innenräumen werden in der Regel gesundheitlich bedenkliche Luftkonzentrationen von 2-Butanonoxim erreicht. Auch nach der Verarbeitung treten noch große Mengen dieses Stoffs aus dem Dichtstoff aus. Über längere Zeiträume (mehrere Tage) führt das zu gesundheitlich kritischen Luftkonzentrationen.
Vor dem Arbeiten:
- Aktuelle Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Dichtungsmassen besorgen (z. B. von Herstell- oder Lieferfirmen).
- Gefahrstoffverzeichnis ergänzen.
- Gefährdungsbeurteilung durchführen.
- Betriebsanweisung anhand der aktuellen Sicherheitsdatenblätter erstellen.
- Beschäftigte zu Gefahren und Schutzmaßnahmen unterweisen.
- Schutzmaßnahmen veranlassen, Wirksamkeit überprüfen.
Substitution:
- Vermeidung von Oxim abspaltenden Systemen, stattdessen Verwendung von Produkten, bei denen die Gesundheitsgefährdungen deutlich geringer sind. Dazu gehören zum Beispiel andere neutrale, alkoholvernetzende Silikondichtstoffe (sog. Alkoxy-Systeme) oder alkoholabspaltende silanmodifizierte Polymere (typische Bezeichnungen: SMP, Hybrid-Polymere, MS-Polymere).
Technische Schutzmaßnahmen:
- Für ausreichende freie Lüftung sorgen.
Organisatorische Schutzmaßnahmen:
- Maximal den Schichtbedarf der Dichtungsmassen am Arbeitsplatz vorhalten.
- Bei der Lagerung von Dichtungsmassen Vorgaben der TRGS 510 beachten.
- Arbeitsmedizinische Vorsorge umsetzen.
- Beschäftigungsbeschränkungen umsetzen: Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz
Persönliche Schutzmaßnahmen:
Es muss geeignete persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung gestellt werden. Erfahrungsgemäß ist jedoch die Qualität der Sicherheitsdatenblätter je nach Herstell-/Lieferfirma unterschiedlich hoch. Falls das Sicherheitsdatenblatt keine spezifischen Angaben zur PSA enthält, kann sich an den folgenden Punkten orientiert werden:
- Augenschutz: Bei Spritzgefahr Schutzbrille mit Seitenschutz verwenden.
- Hautschutz: Besonders bei Dichtstoffen, die Oxime oder Essigsäure abspalten, Einweg-Chemikalienschutzhandschuhe tragen (zum Beispiel aus Nitril). Keine Haushaltshandschuhe benutzen. Leder- und Stoffhandschuhe sind völlig ungeeignet. Durchdringungszeit und maximale Tragedauer der Schutzhandschuhe beachten. Hautschutzplan auf Hautbelastung abstimmen (Schutz, Reinigung, Pflege).
- Atemschutz: Grundsätzlich für ausreichende freie Lüftung sorgen. Bei Verarbeitung von Dichtstoffen, die 2-Butanonoxim freisetzen, Atemschutzmaske mit Filter A tragen (Kennfarbe: braun).
Während der Arbeiten:
- Geeignete persönliche Schutzausrüstung verwenden.
- Schutzmaßnahmen anwenden.
- In Fugen aufgetragene Dichtungsmassen nicht mit ungeschütztem Finger glätten. Glättwerkzeug verwenden.
- Nicht essen, trinken, rauchen.
- Keine Nahrungsmittel im Arbeitsbereich aufbewahren.
- Benetzte saugfähige Arbeitskleidung sofort wechseln.
Nach dem Arbeiten:
- Hände reinigen, Hautpflege gemäß Hautschutzplan anwenden.
- Produktreste gemäß den örtlichen gesetzlichen Vorgaben entsorgen.
Weitere Informationen
- TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ (Link: BAuA)
- TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“ (Link: BAuA)
- TRGS 402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“ (Link: BAuA)
- TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ (Link: BAuA)
- TRGS 555 „Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten“ (Link: BAuA)
- TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ (Link: BAuA)
- DGUV Information 209-042 „Gefahrstoffe im Schreiner-/Tischlerhandwerk und der Möbelfertigung“
Stand: 06/2024