Stichwortverzeichnis
Arbeitsmedizinische Gehörvorsorge
Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge – ArbMedVV (gesetze-im-internet.de) ist die Früherkennung und Verhütung von arbeitsbedingten Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten. Bei Gefährdungen durch Lärm ist für Beschäftigte gemäß ArbMedVV arbeitsmedizinische Vorsorge zu veranlassen, sie ist ihnen anzubieten oder zu ermöglichen. Für die inhaltliche Umsetzung der Vorsorge können Betriebsärzte und Betriebsärztinnen die DGUV Empfehlung „Lärm“ heranziehen, die den DGUV Grundsatz G 20 „Lärm“ abgelöst hat. Die DGUV Empfehlung „Lärm“ ist Teil des Gesamtwerks der „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“.
Inhalt und Umfang der arbeitsmedizinischen Vorsorge
Die Vorsorge wird von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten durchgeführt und enthält immer ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese. Ergeben sich in der arbeitsmedizinischen Vorsorge Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für Beschäftigte nicht ausreichen, so hat der Arzt oder die Ärztin dies dem Arbeitgeber mitzuteilen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes vorzuschlagen.
Inhalte für die Beratung der Beschäftigten können beispielsweise sein:
- Anlass und Zweck der Vorsorge
- mögliche Gefährdungen durch Lärm
- Austausch zum individuellen Arbeitsplatz und zur Art der durchgeführten Arbeiten
- Befragung zur Akzeptanz des Gehörschutzes und zum Trageverhalten
- Information über Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
- Zudem soll der Arzt oder die Ärztin hier individuell darüber beraten und aufklären, welche körperliche Untersuchung empfohlen wird. Eine Untersuchung findet nur statt, wenn der oder die Beschäftigte diese Untersuchung nicht ablehnt.
Das ärztliche Beratungsgespräch vermittelt Beschäftigten – gegebenenfalls ergänzt durch Untersuchungen – Kompetenzen darin, wie sie ihre Gesundheit am Arbeitsplatz und in der Freizeit schützen können.
Inhalte für die Beratung des Arbeitgebers sind beispielsweise:
- mögliche Gesundheitsstörungen durch Lärm
- wie eine Lärmexposition der Beschäftigten durch technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen verringert werden kann
- Auswahl lärmarmer Arbeitsmittel und -verfahren sowie geeigneter persönlicher Gehörschutzmittel
- Bereitstellung und Einsatz geeigneter persönlicher Gehörschutzmittel
- Beurteilung, ob der verwendete Gehörschutz unter Berücksichtigung der verringerten Schalldämmung in der Praxis geeignet ist
- Hinweise, wie Beschäftigte durch Unterweisung und Unterrichtung dazu motiviert werden können, auf Lärmminderung zu achten und persönlichen Gehörschutz bei ihrer Tätigkeit zu benutzen
- Hinweise zur Benutzung von Gehörschutz (siehe auch DGUV Regel 112-194 „Benutzung von Gehörschutz“)
In der Praxis: Wunsch-, Angebots- und Pflichtvorsorge
Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten auf ihren Wunsch hin regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorge nach §11 des Arbeitsschutzgesetzes zu ermöglichen (Wunschvorsorge). Ein Anspruch auf Wunschvorsorge besteht gemäß ArbMedVV nicht, wenn aufgrund der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und der getroffenen Schutzmaßnahmen nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen ist.
Wenn bei Tätigkeiten Tages-Lärmexpositionswerte von LEX,8h > 80 dB(A) bis unter LEX,8h = 85 dB(A) auftreten beziehungsweise hohe Spitzenschalldruckpegel ab LpC,peak > 135 dB(C) bis unter LpC,peak = 137 dB(C) entstehen, ist die arbeitsmedizinische Vorsorge vom Arbeitgeber regelmäßig anzubieten (Angebotsvorsorge).
Wenn bei Tätigkeiten Tages-Lärmexpositionswerte ab LEX,8h = 85 dB(A) auftreten beziehungsweise Arbeiten mit hohen Spitzenschalldruckpegeln ab LpC,peak = 137 dB(C) durchgeführt werden, ist die arbeitsmedizinische Vorsorge vom Arbeitgeber regelmäßig zu veranlassen (Pflichtvorsorge).
Untersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge
Sofern der Beschäftigte eine Untersuchung nicht ablehnt, beinhaltet die Vorsorge eine Untersuchung des Hörvermögens. So kann eine Hörminderung rechtzeitig erkannt werden und es können weitere oder andere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Betroffene bemerken Hörminderungen im Anfangsstadium zunächst nicht; sie können in der Regel nur bei einem Hörtest festgestellt werden. Da Hörschäden irreversibel sind, ist das frühzeitige Erkennen von Hörminderungen von überragender Bedeutung. Die Ergebnisse der Untersuchung können auch Hinweise geben, ob der richtige Gehörschutz ausgewählt und ob er richtig beziehungsweise oft genug getragen wurde.
Praxis-Tipp: Bei gehörgefährdenden Tätigkeiten muss die arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge durchgeführt worden sein, bevor eine Person die Tätigkeit erstmalig aufnimmt. Deswegen sollten Arbeitgeber frühzeitig ermitteln, welche Gefährdungen durch Lärm an einem Arbeitsplatz entstehen. Messwerte und Praxishilfen können dabei unterstützen. Die arbeitsmedizinische Vorsorge hat dann in regelmäßigen Abständen zu erfolgen. Zum Thema „Fristen für die Veranlassung/das Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge“ bietet die gleichnamige Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 2.1 Orientierung.