Qualifizierung fachfremder Personen für elektrotechnische Arbeiten und einzuhaltende Rahmenbedingungen

Bei immer mehr Bildungsträgern können Schulungsmaßnahmen mit Titeln wie „Elektrofachkraft in der Industrie“, „Elektrofachkraft DGUV V3“, „Geprüfte Elektrofachkraft“ oder „sonstigen Elektrofachkraft-Bezeichnungen“ absolviert werden. Die Gesamtdauer dieser Schulungen beträgt im Mittel zwischen sieben und neun Wochen. In den Schulungsbeschreibungen heißt es dort: „Ziel der Qualifizierungsmaßnahme ist der Nachweis der Qualifikation und Befähigung, in Betrieben der Industrie die Tätigkeit einer Elektrofachkraft gemäß DGUV Vorschrift 3 eigenverantwortlich auszuüben“.

Bei der Übertragung von Aufgaben muss der Unternehmer sicherstellen, dass die Personen befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Um eine Einschätzung der elektrotechnischen Fähigkeiten zu ermöglichen, muss grundsätzlich die Definition der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ zur Elektrofachkraft (EFK) beachtet werden:
Die Elektrofachkraft (EFK) ist in der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ im § 2 Absatz 3 und der dazugehörigen Durchführungsanweisung definiert und erläutert und beschreibt die Befähigung einer Person die vom Unternehmer übertragene elektrotechnische Arbeit beurteilen und die damit zusammenhängenden möglichen Gefahren für sich und Dritte erkennen zu können. Damit eine Person als Elektrofachkraft eingesetzt werden kann, muss sie über die erforderlichen Kompetenzen verfügen, die für das eigenverantwortliche und selbstständige Arbeiten im jeweiligen Teilgebiet der Elektrotechnik notwendig sind.

Elektrofachkräfte müssen für die jeweilige Arbeitsaufgabe die nachfolgenden drei Kriterien erfüllen:

  1. Fachliche (elektrotechnische) Ausbildung
  2. (praktische) Kenntnisse und Erfahrungen
  3. Kenntnisse der einschlägigen Bestimmungen

um die übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen zu können.
Aufgrund der Breite und Tiefe der elektrotechnischen Aufgabenstellungen ist es nicht möglich, Elektrofachkraft für alle Teilgebiete der Elektrotechnik zu sein.

Der Begriff Elektrofachkraft bezeichnet somit keinen erworbenen Bildungsabschluss, sondern stellt die Befähigung, das Vermögen und die Fertigkeit einer Person dar, elektrotechnische Arbeiten in einem bestimmten Bereich der Elektrotechnik eigenverantwortlich und selbstständig durchführen zu können.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, Personen als Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) zu befähigen. Dabei ist zu beachten:

Der Unternehmer kann Personen für einzelne elektrotechnischen Arbeiten (die mit dem Unternehmen eigenen Leistungsangebot technisch und fachlich zusammenhängen) entsprechend der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ § 2 Absatz 3 und der dazugehörigen Durchführungsanweisung nach dem DGUV Grundsatz 303-001 „Ausbildungskriterien für festgelegte Tätigkeiten im Sinne der Durchführungsanweisungen zur Unfallverhütungsvorschrift "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" qualifizieren. Unter einer festgelegten Tätigkeit wird ausschließlich eine gleichartige, sich wiederholende elektrotechnische Arbeit an Betriebsmitteln verstanden, die durch den Unternehmer in einer Arbeitsanweisung beschrieben werden muss. Für diese ergänzende Ausbildung ist eine abgeschlossene technische Berufsausbildung Voraussetzung, die mit der festgelegten Tätigkeit zusammenhängt. Nach dem DGUV Grundsatz 303-001 wird die Ausbildung zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten in der Industrie und in sonstigen gewerblichen Bereichen und die Ausbildung zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im Rahmen des Handwerks wegen der Komplexität der verschiedenen Tätigkeiten unterschieden.

Für die Industrie und sonstige gewerbliche Bereiche sind gemäß beispielhaftem Ausbildungsplan im Anhang 2 DGUV Grundsatz 303-001 für festgelegte Tätigkeiten bei der Instandhaltung von Produktionsanlagen insgesamt mindestens 18 Wochen Ausbildung in Theorie und Praxis vorgesehen. Zur Begründung wird dort angeführt, dass „wegen der Komplexität der verschiedenen Tätigkeiten (insbesondere Instandhaltung, Inbetriebnahme, Kundendienst) die Ausbildung entsprechend konzipiert werden muss“. Die Grundausbildung für festgelegte Tätigkeiten im Rahmen des Handwerks umfasst einen theoretischen und einen praktischen Teil und muss mindestens 80 Stunden (2 Wochen) betragen. Die Ausbildungen müssen auf der vorab zu erstellenden Arbeitsanweisung der festgelegten Tätigkeit basieren. In einer anschließenden betrieblichen Fachausbildung sollen betriebsbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten für die festgelegten Tätigkeiten vermittelt werden. Die praktische Ausbildung muss an den Betriebsmitteln durchgeführt werden, auf die sich die Arbeitsanweisung bezieht. Diese Ausbildung muss alle erforderlichen Fertigkeiten vermitteln, so dass die in der Arbeitsanweisung festgelegte Tätigkeit bei allen zu erwartenden Betriebsverhältnissen sicher ausgeführt werden kann.

Um die erworbene Fachkunde zu erhalten, muss der Unternehmer eine angemessene regelmäßige Weiterbildung sicherstellen.

Wenn eine EFKffT mit 80 Stunden Grundausbildung im Handwerk und 18 Wochen Ausbildung im Bereich Industrie (Grundausbildung zzgl. Fachtheorie, Fachpraxis und betriebliche Qualifizierung) „nur“ gleichartige, sich wiederholende elektrotechnische Arbeiten an Betriebsmitteln, die vom Unternehmer in einer Arbeitsanweisung festgelegt sind, durchführen darf, kann man von einer „EFK in der Industrie“ mit 9 Wochen Qualifizierung kein fachgerechtes selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren im Bereich der Elektrotechnik erwarten.

Dass eine derartige Weiterbildung nicht mit einer in der Regel 3,5-jährigen Berufsausbildung in der Elektrotechnik gleichzusetzen ist, ergibt sich allein aufgrund des Weiterbildungszeitraums und den in dieser Zeit vermittelbaren Inhalte, da die Ausbildungszeiträume in der Regel deutlich unter den im DGUV Grundsatz 303-001 „Ausbildungskriterien für festgelegte Tätigkeiten im Sinne der Durchführungsanweisungen zur BG-Vorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ liegen.

Fazit

Eine über wenige Wochen erworbene Zusatzqualifikation im elektrotechnischen Bereich ist keineswegs mit einer klassischen 3,5-jährigen Berufsgrundausbildung vergleichbar, somit kann dieser Qualifikation auch unter keinen Umständen ein vergleichbarer Stellenwert eingeräumt werden. 

Die von Bildungsträgern für ihre Schulungen gewählten Qualifikationsbezeichnungen, für welche die Teilnehmer am Ende eine entsprechende Bescheinigung oder ein Zertifikat erhalten, können nicht einfach als Eignung, elektrotechnische Arbeiten im Unternehmen durchführen zu können, verwendet werden. Es ist die Aufgabe der Verantwortungsträger im Bereich der Elektrotechnik diese erworbene Zusatzqualifikation in Einklang mit elektrotechnischen Normen und Regelwerken zu bringen, um den sicheren Einsatz der Mitarbeiter bei elektrotechnischen Arbeiten sicherzustellen.