DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit"
Anhang 3
(zu Anlage 2 Abschnitt 2)
Aufgabenfelder der Grundbetreuung und Beschreibung möglicher Aufgaben
Anhang 3 listet zu den Aufgabenfeldern der Grundbetreuung nach Anlage 2 Abschnitt 2 unverbindlich mögliche Aufgaben von Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit auf, die im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben nach §§ 3 und 6 Arbeitssicherheitsgesetz anfallen können.
1. Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung (Beurteilung der Arbeitsbedingungen)
1.1 Unterstützung bei der Implementierung eines Gesamtkonzeptes zur Gefährdungsbeurteilung
- Beratung des Arbeitgebers/Leiters des Betriebs bei der Organisation der Gefährdungsbeurteilung
- Zum Grundanliegen informieren und sensibilisieren
- Betriebliches Konzept zur Umsetzung entwickeln
- Regelungen zur Durchführung entwickeln
- Konzept zur Implementierung eines ständigen Verbesserungsprozesses entwickeln
- Unterstützung der Führungskräfte
- Zum Grundanliegen, zu betrieblichem Konzept und zu Regelungen zur Durchführung informieren und sensibilisieren
- Führungskräfte zur eigenständigen Durchführung qualifizieren
- Hilfsmittel einschl. Dokumentationsvorlagen für Führungskräfte entwickeln und einführen; unter Beteiligung der Führungskräfte bedarfsgerecht anpassen
- Betriebliche Musterbeispiele entwickeln
1.2 Unterstützung bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
- Führungskräfte bei unterschiedlichen Anlässen direkt beraten
- Fachkunde insbesondere bei der Gefährdungsermittlung, Risikobeurteilung und der Ableitung der erforderlichen Maßnahmen als Grundbetreuung einbringen
- Motivierung der Beschäftigten zur Beteiligung unterstützen
- Bei der Wirkungskontrolle erforderlicher Maßnahmen beraten
- Bei der Dokumentation im Sinne von § 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) unterstützen
1.3 Beobachtung der gelebten Praxis und Auswertung der Gefährdungsbeurteilung
- Stichprobenhaft prüfen, ob Beurteilungen der Arbeitsbedingungen bei den relevanten Anlässen in der vorgesehenen Qualität durchgeführt werden (Auditieren)
- Auswertungen zusammenfassen und vergleichen sowie Verbesserungsbedarfe ableiten (z. B. im Rahmen des Jahresberichts)
- Schwerpunktprogramme zur kontinuierlichen Verbesserung vorschlagen
2. Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhältnisprävention
2.1 Eigeninitiatives Handeln zur Verhältnisprävention an bestehenden Arbeitssystemen
- Erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen überprüfen und Durchführung (Umsetzung) beobachten: Zustand der Arbeitssysteme ermitteln und beurteilen sowie Soll-Zustände festlegen im Hinblick auf Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe, Arbeitsorganisation usw. (Erfüllung der Anforderungen nach § 4 ArbSchG)
- In regelmäßigen Abständen Begehungen durchführen, Gefährdungsermittlungen und -beurteilungen mit geeigneten Methoden; Gesundheitsfaktoren in Arbeitssystemen ermitteln und deren Potenziale beurteilen
- Arbeitsmittel, Betriebsanlagen, Arbeitsverfahren, Einsatz von Arbeitsstoffen, Arbeitsplatzgestaltung, soziale und sanitäre Einrichtungen überprüfen – unter Beachtung arbeitsphysiologischer, arbeitspsychologischer und sonstiger ergonomischer sowie arbeitshygienischer Fragen
- Arbeitsablauforganisation einschließlich Arbeitsaufgaben, -rhythmus und Arbeitszeit- und Pausengestaltung überprüfen
- Arbeitsstätten und Arbeitsumgebung überprüfen
- Personaleinsatz (Arbeitsplatzwechsel, Alleinarbeit) überprüfen
- Lösungssuche unterstützen, Gestaltungsvorschläge unterbreiten, Durch- und Umsetzung begleiten und darauf hinwirken
- Technische Maßnahmen (Sicherheitstechnik, Ergonomie, einschließlich Instandhaltung der Schutzeinrichtungen)
- Organisatorische Maßnahmen
- Hygienemaßnahmen
- Auswahl, Erprobung, Einsatz, Benutzung, Instandhaltung von persönlichen Schutzausrüstungen (PSA)
- Gestaltung organisationsbezogener Gesundheitsfaktoren (Gestaltung von Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung zur Förderung der Gesundheit)
- Arbeitsplatzwechsel sowie Eingliederung und Wiedereingliederung behinderter Menschen
- Wirkungskontrollen durchführen
- Durchführung überprüfen
- Wirksamkeit von durchgeführten Schutzmaßnahmen
- Auf neue Gefährdungen überprüfen
2.2 Eigeninitiatives Handeln zur Verhältnisprävention bei Veränderung der Arbeitsbedingungen
Z.B. bei Veränderungen von Arbeitsplätzen, Ersatzbeschaffung von Maschinen, Geräten, Änderung von Arbeitsverfahren, Veränderung betrieblicher Abläufe, Prozesse, Einführung von Arbeitsstoffen, Materialien, Veränderungen der Arbeitszeitgestaltung
- Vor Inbetriebnahme bzw. Einführung prüfen auf
- Erfüllung von sicherheitstechnischen und ergonomischen Anforderungen
- Vorhandensein von Betriebsanleitungen, Betriebsanweisungen Sicherheitsdatenblättern usw.
- Vorhandensein von Warn- und Gefahrenhinweisen
- Bereitstellung erforderlicher PSA
- Fortschreibung Gefährdungsbeurteilung
- Ggf. Ableitung ergänzender Maßnahmen
- Auf grundlegende Änderungen im Sinne des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) prüfen und ggf. erforderliche Maßnahmen einfordern (einschl. Dokumentationen und Nachweise)
- Zu Festlegungen von erforderlichen Prüfungen im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) beraten
3. Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhaltensprävention
3.1 Unterstützung bei Unterweisungen, Betriebsanweisungen, Qualifizierungsmaßnahmen
Hinwirken auf und Mitwirken bei insbesondere
- Aufbau eines Unterweisungssystems und der Durchführung von Unterweisungen
- Erstellung von Betriebsanweisungen
- Entwicklung von Verhaltensregeln
- Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen mit Arbeitsschutzbezug
3.2 Motivieren zum sicherheits- und gesundheitsgerechten Verhalten Insbesondere
- auf sicherheitsgerechtes und gesundheitsgerechtes Verhalten hinwirken
- auf die Benutzung der PSA hinwirken
3.3 Information und Aufklärung
Beschäftigte informieren und aufklären insbesondere über
- Unfall- und Gesundheitsgefahren
- sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten
- Sicherheits- und Schutzeinrichtungen
3.4 Kollektive arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten
4. Unterstützung bei der Schaffung einer geeigneten Organisation und Integration in die Führungstätigkeit
4.1 Integration des Arbeitsschutzes in die Aufbauorganisation
Unterstützen insbesondere bei
- Übertragung von Aufgaben und Befugnissen im Arbeitsschutz
- Kontrolle der Erfüllung der Aufgaben
- Gewährleistung der Beauftragtenorganisation (Arbeitsschutzorganisation: Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte, Ersthelfer, ...)
- Kooperationsverpflichtung der Führungskräfte mit Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit
- Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber im Sinne des § 8 ArbSchG (Unteraufträge, Zeitarbeit, Baustellen u. ä.)
4.2 Integration des Arbeitsschutzes in die Unternehmensführung
Unterstützen insbesondere bei
- Entwicklung einer betrieblichen Arbeitsschutzstrategie durch die oberste Leitung und Bekanntmachen im Betrieb
- Förderung des arbeitsschutzgerechten Führens
- Berücksichtigung der Arbeitsschutzbelange bei strategischen und operativen Entscheidungen
4.3 Beratung zu erforderlichen Ressourcen zur Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen
Unterstützen bei der Organisation der Ressourcenbereitstellung, insbesondere hinsichtlich
- erforderlicher Mittel (gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG) zur Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen
- Schaffen personeller Voraussetzungen und Sicherstellen erforderlicher Qualifikation:
- Mitwirken bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten
- Mitwirken bei der Schulung der Ersthelfer
- Schaffen der organisatorischen Voraussetzungen für die Mitwirkungspflichten der Beschäftigten (gemäß § 3 Abs. 2 ArbSchG)
4.4 Kommunikation und Information sichern
Insbesondere unterstützen beim
- Einrichten und Betreiben des Arbeitsschutzausschusses
- Bereitstellen erforderlicher Informationen für alle Beteiligten
4.5 Berücksichtigung der Arbeitsschutzbelange in betrieblichen Prozessen
Unterstützen, um Arbeitsschutzbelange in betrieblichen Prozessen durch Regelungen organisatorisch sicherzustellen, insbesondere
- in allen Produktions- und Dienstleistungsprozessen (Integration in den betrieblichen Alltag)
- für Investitions- und Planungsprozesse
- für Neubau-, Umbau-, Anbauvorhaben
- für Beschaffung von Arbeitsmitteln (Maschinen, Anlagen, Werkzeuge, Arbeitsstoffe)
- für Vergabe von Aufträgen an Fremdfirmen; Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber
- für Instandhaltung (z. B. Baulichkeiten, Maschinen, Anlagen)
- für Einstellung neuer Mitarbeiter, Umsetzung von Mitarbeitern
4.6 Betriebliche arbeitsschutzspezifische Prozesse organisieren
Unterstützen, um arbeitsschutzspezifische Prozesse zu organisieren, insbesondere bei
- Umgang mit dem Vorschriften- und Regelwerk zum Arbeitsschutz (Vorschriften- und Regelwerksmanagement)
- Überwachen des Zustands der Arbeitsbedingungen
- Umgang mit externen Vorgaben zum Arbeitsschutz (Auflagenmanagement)
- Organisation der Ersten Hilfe; Einsatzplanung der Ersthelfer
- Notfallmanagement, Störfallorganisation
- Unfallmeldewesen
- Organisation der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen
4.7 Ständige Verbesserung sicherstellen
Unterstützen insbesondere bei
- der Ableitung und Vorgabe von Zielen aus der Bestandsaufnahme
- der Durchführung von Maßnahmen
- der Bewertung von Stand und Entwicklung
- der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen
5. Untersuchungen nach Ereignissen
5.1 Untersuchung nach Ereignissen, Ursachenanalysen und deren Auswertungen
- Meldepflichtige Unfälle, nicht-meldepflichtige Unfälle, Beinaheunfälle, Erste-Hilfe-Fälle, relevante Zwischenfälle ohne Personenschäden; speziell auch tödliche, lebensbedrohliche und Massenunfälle
- Berufskrankheiten (Verdachtsfälle, anerkannte Berufskrankheiten)
- Arbeitsbedingte Erkrankungen; Auswertung von Gesundheitsberichten von Krankenkassen
- Wegeunfälle
5.2 Ermittlung von Unfallschwerpunkten sowie Schwerpunkten arbeitsbedingter Erkrankungen
5.3 Verbesserungsvorschläge
Ableiten von Verbesserungsvorschlägen aus den Analysen und Untersuchungen zur
- Vermeidung der Wiederholung der eingetretenen Unfälle und Erkrankungen und anderer Ereignisse
- Vermeidung vergleichbarer Unfälle, Erkrankungen und anderer Ereignisse
- Bekämpfung von Unfallschwerpunkten und Schwerpunkten arbeitsbedingter Erkrankungen
6. Allgemeine Beratung von Arbeitgebern und Führungskräften, betrieblichen Interessenvertretungen, Beschäftigten
6.1 Beratung zu Rechtsgrundlagen, Stand der Technik und Arbeitsmedizin, wissenschaftlichen Erkenntnissen
Beobachtung und Auswertung
- von Vorschriften und ihrer Weiterentwicklung
- der Weiterentwicklung des für den Betrieb relevanten Stands der Technik und Arbeitsmedizin bezüglich
- des Wissensstandes zu Gefährdungen und zu Gesundheitsfaktoren
- Fortschritt bei Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit einschließlich menschengerechter Arbeitsgestaltung
6.2 Beantwortung von Anfragen
6.3 Verbreitung der Information im Unternehmen, einschließlich Teambesprechungen
6.4 Externe Beratung zu speziellen Problemen des Arbeitsschutzes organisieren
7. Erstellung von Dokumentationen, Erfüllung von Meldepflichten
7.1 Unterstützung bei der Erstellung von Dokumentationen
Insbesondere bei
- Erfüllung spezieller Forderungen (z. B. Explosionsschutz-Dokument)
- Untersuchung von Unfällen und Berufskrankheiten
- Prüfung von Geräten nach BetrSichV
- Unterstützung bei der Dokumentation von Zugangsberechtigungen zu besonders gefährlichen Arbeitsbereichen (§ 9 ArbSchG)
- Unterweisung
- Unterrichtung über Schutzmaßnahmen bei besonderen Gefahren
- Freigabe von Anlagen usw. für spezielle Tätigkeiten
- Übertragung von Aufgaben
- Kontrollen für Alleinarbeit
7.2 Unterstützung bei der Erfüllung von Meldepflichten gegenüber den zuständigen Behörden und Unfallversicherungsträgern
7.3 Dokumentation von Vorschlägen an den Arbeitgeber einschließlich Angabe des jeweiligen Umsetzungsstandes
7.4 Dokumentation zur eigenen Tätigkeit und zur Inanspruchnahme der Einsatzzeiten
8. Mitwirken in betrieblichen Besprechungen
8.1 Direkte persönliche Beratung von Arbeitgebern
8.2 Teilnahme an Dienstgesprächen des Arbeitgebers mit seinen Führungskräften
Insbesondere zu Themen wie
- Aufarbeitungen der bestehenden Risiken im Unternehmen sowie Gesundheitsfaktoren in den Arbeitssystemen
- Umsetzung von Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit in den Arbeitssystemen
- Analysen der Verankerung des Arbeitsschutzes in allen Tätigkeiten und in die betrieblichen Führungsstrukturen
- Planungen zu Veränderungen von Arbeitssystemen und der betrieblichen Organisation
- Schlussfolgerungen für die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit
8.3 Teilnahme an Besprechungen der betrieblichen Beauftragten entsprechend §§ 9, 10 und 11 Arbeitssicherheitsgesetz
8.4 Teilnahme an sonstigen Besprechungen, einschließlich Betriebsversammlungen
8.5 Nutzung eines ständigen Kontaktes mit Führungskräften
8.6 Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses
Insbesondere
- Vorbereitung
- Teilnahme
- Auswertungen
9. Selbstorganisation
9.1 Ständige Fortbildung organisieren (Aktualisierung und Erweiterung)
9.2 Wissensmanagement entwickeln und nutzen
9.3 Erfassen und Aufarbeiten von Hinweisen der Beschäftigten
9.4 Erfahrungsaustausch insbesondere mit den Unfallversicherungsträgern und den zuständigen Behörden nutzen