Erläuterungen zu § 20
Leitfaden zur Ermittlung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten in den Branchen Holz und Metall
1. Einleitung
In § 22 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) werden Unternehmer zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten verpflichtet, wenn in ihrem Unternehmen regelmäßig mehr als 20 Beschäftigte tätig sind. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist eine ehrenamtliche, aber fundierte Unterstützung des Unternehmers in allen Fragen des Arbeitsschutzes.
Zur Konkretisierung des SGB VII erstellten die Berufsgenossenschaften bisher Bestellstaffeln für Sicherheitsbeauftragte, die in der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) als jeweilige Anlage 2 enthalten sind.
Durch die neue DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ ergeben sich Änderungen bei der Ermittlung der Anzahl von Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben; die bisherigen Regelungen zur Ermittlung der Anzahl entfallen.
Nach DGUV Vorschrift 1 werden die Unternehmer verpflichtet, die erforderliche Anzahl der Sicherheitsbeauftragten anhand der folgenden Kriterien zu bestimmen:
- Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren
- Räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Anzahl der Beschäftigten
Die Kriterien werden in der DGUV Regel 100-001 näher erläutert.
Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren
Die im Unternehmen bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz.
Räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Grundsätzlich ist die räumliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten erforderlich. Sie ist gegeben, wenn Sicherheitsbeauftragte am gleichen Unternehmensstandort im gleichen Arbeitsbereich wie die Beschäftigten tätig sind. Tätigkeiten in unterschiedlichen Gebäuden deuten auf fehlende räumliche Nähe hin. In Ausnahmefällen können auch geeignete organisatorische Maßnahmen die räumliche Nähe herstellen.
Zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Da die Sicherheitsbeauftragten den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten unterstützen sollen, setzt dies voraus, dass die in den jeweiligen Arbeitsbereichen zuständigen Sicherheitsbeauftragten zur gleichen Arbeitszeit wie die sonstigen Beschäftigten, z. B. in der gleichen Arbeitsschicht bzw. schichtüberschneidend, tätig sind.
Fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Ein wirksames Tätigwerden der Sicherheitsbeauftragten setzt ihre fachliche Nähe für den Arbeitsbereich der Beschäftigten im Zuständigkeitsbereich voraus. Die notwendige fachliche Nähe ist z. B. gegeben, wenn die Sicherheitsbeauftragten und die Beschäftigten dauerhaft gleiche oder ähnliche Tätigkeiten ausüben. Zur fachlichen Nähe für die Sicherheitsbeauftragten gehört auch die Kenntnis der Mitarbeiterstruktur im Zuständigkeitsbereich, insbesondere im Hinblick auf Qualifizierung und Sprache.
Bestandteil der fachlichen Nähe sind Kenntnisse der Sicherheitsbeauftragten im Arbeitsschutz bezogen auf den Zuständigkeitsbereich. Die Kenntnis der Gefährdungsbeurteilung im Zuständigkeitsbereich des Sicherheitsbeauftragten ist hierfür Grundvoraussetzung.
Anzahl der Beschäftigten
Die Wirksamkeit der Sicherheitsbeauftragten hängt auch von der Anzahl der Mitarbeiter ab. Spätestens wenn Sicherheitsbeauftragte die Beschäftigten nicht mehr kennen, ist deren Wirksamkeit stark herabgesetzt. Die maximale Anzahl Beschäftigter, auf die ein Sicherheitsbeauftragter noch sinnvoll wirken kann, hängt auch von den Betriebsstrukturen und von der Tätigkeit des Sicherheitsbeauftragten ab.
Alle zuvor angeführten Kriterien müssen gleichrangig erfüllt sein. Der Unternehmer legt auf der Grundlage der genannten Kriterien und nach Abstimmung mit dem Betriebsrat die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten betriebsbezogen fest.
Der vorliegende Leitfaden soll als Unterstützung zur Ermittlung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten in den Branchen Holz und Metall Verwendung finden.
2. Vorgehensweise im Betrieb
Zur konkreten Ermittlung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten für Betriebe ist der Arbeitsschutzausschuss das geeignete Gremium. Dort kann die Ermittlung anhand von fünf Schritten erfolgen:
Schritt 1: Lagepläne, Betriebsstruktur (Organigramm) und Beschäftigtenzahlen der Arbeitsbereiche bereitstellen
Schritt 2: Anhand der Lagepläne und der Organisationsstruktur sinnvolle Tätigkeitsbereiche für Sicherheitsbeauftragte festlegen
Hierbei sind die notwendige fachliche und räumliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu berücksichtigen. Ebenso sind Grenzen für die Höhe der Mitarbeiterzahl festzulegen, ab der der Tätigkeitsbereich zu groß ist. Ziel ist es, unterschiedliche Arbeitsbereiche oder unterschiedliche Gebäude für jeweils einen Sicherheitsbeauftragten als Tätigkeitsbereich festzulegen.
Liegt die Anzahl der Beschäftigten in einem Gebäude oder in einem Arbeitsbereich mit geringer Gefährdung bei über 250, wird empfohlen, einen weiteren Sicherheitsbeauftragten mit eigenem Tätigkeitsbereich vorzusehen.
Je nach Branche ist für technische Tätigkeiten mit höheren Gefährdungen davon auszugehen, dass Sicherheitsbeauftragte im Regelfall auf maximal 80 Beschäftigte sinnvoll einwirken können. Bei der Zahl der Beschäftigten sind Teilzeitbeschäftigte voll zu berücksichtigen.
Auch deutlich unterschiedliche fachliche Tätigkeiten in einem Arbeitsbereich führen grundsätzlich dazu, dass ein Sicherheitsbeauftragter nicht auf alle Mitarbeiter einwirken kann und daraufhin ein weiterer Sicherheitsbeauftragter mit eigenem Tätigkeitsbereich vorgesehen werden muss.
Schritt 3: Anhand des Schichtsystems festlegen, wie viele Sicherheitsbeauftragte in den festgelegten Tätigkeitsbereichen tätig werden sollen
Hier sind Festlegungen zu treffen, dass grundsätzlich pro Schicht für jeden Tätigkeitsbereich ein Sicherheitsbeauftragter tätig wird (zeitliche Nähe). Bei Schichtsystemen mit überlappenden Zeiten können Sicherheitsbeauftragte evtl. auch auf mehr als eine Schicht einwirken.
Schritt 4: Vergleich Ist/Soll
Vergleicht man die Anzahl der bisher im Betrieb vorhandenen Sicherheitsbeauftragten mit der in den Schritten 1 bis 3 ermittelten notwendigen Anzahl und Verteilung der Sicherheitsbeauftragten, wird der Handlungsbedarf des Betriebes ersichtlich.
Schritt 5: Bei Bedarf notwendige Maßnahmen einleiten
Sollte die Ermittlung zu einem Mehrbedarf geführt haben, ist die Bestellung zusätzlicher Sicherheitsbeauftragter zu organisieren. Ergibt die Ermittlung, dass weniger Sicherheitsbeauftragte als bisher erforderlich sind, ist zu entscheiden, ob die höhere Anzahl Sicherheitsbeauftragter mittel- oder langfristig beibehalten wird.
Im Anhang wird anhand eines detaillierten Beispiels die Vorgehensweise im Betrieb nochmals dargestellt.
3. Praxisbeispiel
Als Praxisbeispiel dient ein Betrieb mit 350 Mitarbeitern. In der folgenden Tabelle ist die Ermittlung der Zahl der Sicherheitsbeauftragten für diesen Beispielbetrieb abgebildet.
Praxisbeispiel: Ermittlung der Zahl der Sicherheitsbeauftragten für einen Betrieb mit 350 Mitarbeitern
Anzahl der Beschäftigten | Unfall- und Gesundheits- gefahren | Räumliche | Zeitliche Nähe der Sibe | Fachliche Nähe der Sibe | Anzahl der Sibe | |
Logistik | 45 | X | X | X | X | 1 |
Qualitätssicherung | 6 | X | X | X | X | Zusammen mit Logistik * |
Montage + Fertigungsplanung | 95 + 35 | X | X | X | X | 2 (derzeit 3) |
Fertigung | 45 | X | X | 2 Schichten X | X | 1-2 ** |
Betriebswerkstatt, Zerspanung | 25 | X | x | X | X | 1 |
Geschäftsführung und Verwaltung | 75 | X | X | X | X | 1 |
Kundenschulung | 10 | X | X | X | X | Zusammen mit GF *** |
Buchhaltung | 14 | X | X | X | X | Zusammen mit GF *** |
Ergibt einen Gesamtbedarf von 6 bis 7 Sicherheitsbeauftragten.
* Aufgrund der Tätigkeiten und der Anzahl der Beschäftigten erfolgt eine Mitbetreuung durch den Sicherheitsbeauftragten der Logistik.
** Je nachdem ob ein Mitarbeiter gefunden wird, der aufgrund seiner Arbeitszeit auf die Mitarbeiter beider Schichten wirken kann, sind ein oder zwei Sicherheitsbeauftragte vorgesehen.
*** Aufgrund der Tätigkeiten und der Anzahl der Beschäftigten kann eine Mitbetreuung durch den Sicherheitsbeauftragten der Geschäftsführung und Verwaltung erfolgen.