DGUV Vorschrift 1 - Grundsätze der Prävention
§ 27 Zahl und Ausbildung der Betriebssanitäter
§ 27 (1)
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass mindestens ein Betriebssanitäter zur Verfügung steht, wenn
- in einer Betriebsstätte mehr als 1500 Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) anwesend sind,
- in einer Betriebsstätte 1500 oder weniger, aber mehr als 250 Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII anwesend sind und Art, Schwere und Zahl der Unfälle den Einsatz von Sanitätspersonal erfordern,
- auf einer Baustelle mehr als 100 Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII anwesend sind.
Nummer 3 gilt auch, wenn der Unternehmer zur Erbringung einer Bauleistung aus einem von ihm übernommenen Auftrag Arbeiten an andere Unternehmer vergibt und insgesamt mehr als 100 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden.
Voraussetzungen
Die Zahl der anwesenden Versicherten bezieht sich auf die Betriebsstätte als örtlich abgegrenzte, nach Aufgabenbereich und Organisation eigenständige, wenn auch nicht rechtlich selbstständige Unternehmenseinheit. Einem Hauptbetrieb benachbart liegende Betriebseinheiten sind diesem zuzurechnen, wenn eine zeitnahe Versorgung durch Betriebssanitäter gewährleistet ist. Im Außendienst tätige Personen sind bei der Zahl der anwesenden Versicherten nicht mit einzubeziehen. Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII sind die Beschäftigten des Unternehmens.
Für die dem Hauptbetrieb nicht zuzurechnenden Betriebsstätten ist eine eigene Bewertung vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für auf Dauer bestehende Einheiten, sondern auch für vorübergehend eingerichtete Arbeitsstätten, z. B. Baustellen.
Bei der Feststellung der Zahl der Versicherten kommt es nicht auf die Betriebsart, insbesondere nicht darauf an, ob z. B. nur ein Teil der Belegschaft in der Produktion tätig ist und ein anderer Teil zur kaufmännischen Verwaltung zählt.
Bei der Bemessung der Zahl der Betriebssanitäter hat der Unternehmer deren Krankheits- und Urlaubszeiten zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit eines Betriebssanitäters ist bereits bei der Planung von Betrieben bzw. Bauvorhaben oder bei vorgesehenen Betriebserweiterungen zu prüfen.
Art, Zahl und Schwere der Unfälle
Bei der Art, Schwere und Zahl der Unfälle ist jeweils von den zu erwartenden Unfall- und Gesundheitsgefahren auszugehen. Diese Gefahren lassen sich aus dem zurückliegenden Unfallgeschehen abschätzen.
Unter der Art der Unfälle sind z. B. Vergiftungen, Verätzungen, Verbrennungen und auch Verletzungen durch Einwirken elektrischen Stroms zu verstehen. Diese Unfälle stellen vielfach erhöhte Anforderungen an den Helfer. In diesen Fällen ist es notwendig, dass der Betriebssanitäter frühestmöglich tätig wird.
Die Schwere eines Unfalls ist nach Art und Umfang des eingetretenen Körperschadens insbesondere danach zu beurteilen, ob infolge Störung einer lebenswichtigen Körperfunktion, wie Atmung und Kreislauf, Lebensgefahr besteht.
Mit der Zahl der Unfälle ist die absolute Zahl der Fälle innerhalb eines Zeitraumes gemeint, die eine Betreuung und Versorgung im Rahmen der Erste-Hilfe-Leistung erforderlich macht. Bei seinen Überlegungen hat der Unternehmer unter Umständen auch die Möglichkeit eines Notfalles mit einer größeren Zahl von Verletzten oder Vergifteten in Betracht zu ziehen.
Besondere Verhältnisse
Da die DGUV Vorschrift 1 nur Mindestanforderungen stellt, können besondere Verhältnisse es erforderlich machen, bereits bei einer geringeren Anzahl von Versicherten einen Betriebssanitäter zur Verfügung zu stellen. Besondere Verhältnisse liegen immer dann vor, wenn an eine Erste Hilfe oder Rettung Anforderungen gestellt werden, die der Ersthelfer nicht oder nicht allein erfüllen kann und, z. B. betriebsfremde Rettungseinheiten, nicht schnell genug an den Notfallort geleitet werden können. Diese Frage ist vor allem dann zu prüfen, wenn der Notfallort nach Art und Lage schwer zugänglich ist, z. B. bei entlegenen Betrieben.
§ 27 (2)
In Betrieben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 kann im Einvernehmen mit dem Unfallversicherungsträger von Betriebssanitätern abgesehen werden, sofern nicht nach Art, Schwere und Zahl der Unfälle ihr Einsatz erforderlich ist. Auf Baustellen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 kann im Einvernehmen mit dem Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung der Erreichbarkeit des Unfallortes und der Anbindung an den öffentlichen Rettungsdienst von Betriebssanitätern abgesehen werden.
Das Einvernehmen des Unfallversicherungsträgers zum Verzicht auf Betriebssanitäter auf Baustellen ist nur im Einzelfall, d.h. auf eine einzelne Baustelle bezogen, möglich.
§ 27 (3)
Der Unternehmer darf als Betriebssanitäter nur Personen einsetzen, die von Stellen ausgebildet worden sind, welche von dem Unfallversicherungsträger in personeller, sachlicher und organisatorischer Hinsicht als geeignet beurteilt werden.
Die Anforderungskriterien an geeignete Stellen für die Betriebssanitäterausbildung sind in dem Grundsatz „Aus- und Fortbildung für den betrieblichen Sanitätsdienst" (BGG/GUV-G 949) erläutert.
§ 27 (4)
Der Unternehmer darf als Betriebssanitäter nur Personen einsetzen, die
- an einer Grundausbildung
und - an einem Aufbaulehrgang
für den betrieblichen Sanitätsdienst teilgenommen haben.
Als Grundausbildung gilt auch eine mindestens gleichwertige Ausbildung oder eine die Sanitätsaufgaben einschließende Berufsausbildung.
Die Grundausbildung umfasst 63 Unterrichtseinheiten und der Aufbaulehrgang 32 Unterrichtseinheiten.
Abweichende Qualifikation für Betriebssanitäter-Grundausbildung
An die Stelle der Grundausbildung können insbesondere folgende Qualifikationen treten:
- Examinierte Krankenpflegekräfte mit dreijähriger Ausbildung,
- Rettungsassistenten,
- Rettungssanitäter
sowie - Sanitätspersonal der Bundeswehr mit sanitätsdienstlicher Fachausbildung.
Die Grundausbildung sowie die vorstehend gleichgestellten Ausbildungen reichen für den Einsatz als Betriebssanitäter allein nicht aus. Hinzukommen muss die Teilnahme an einem Aufbaulehrgang für den betrieblichen Sanitätsdienst. Im Aufbaulehrgang wird der Betriebssanitäter mit betriebsbezogenen und unfallversicherungsspezifischen Aufgaben vertraut gemacht.
Heilgehilfen des Bergbaus
Heilgehilfen nach den Bergverordnungen der Länder sind den Betriebssanitätern gleichgestellt.
§ 27 (6)
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Betriebssanitäter regelmäßig innerhalb von drei Jahren fortgebildet werden. Für die Fortbildung gilt Absatz 3 entsprechend.
Die Fortbildung umfasst 16 Unterrichtseinheiten innerhalb von drei Jahren und kann in mehrere Abschnitte unterteilt werden.