DGUV Vorschrift 1 - Grundsätze der Prävention
§ 4 Unterweisung der Versicherten
§ 4 (1)
Der Unternehmer hat die Versicherten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, insbesondere über die mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und die Maßnahmen zu ihrer Verhütung, entsprechend § 12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz sowie bei einer Arbeitnehmerüberlassung entsprechend § 12 Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz zu unterweisen; die Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden, mindestens aber einmal jährlich erfolgen; sie muss dokumentiert werden.
Damit Versicherte Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen erkennen und entsprechend den vorgesehenen Maßnahmen auch handeln können, müssen sie auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen bekommen. Die Unterweisung ist ein wichtiges Instrument, um Versicherten zu ermöglichen, sich sicherheits- und gesundheitsgerecht zu verhalten. Ein ausschließliches Selbststudium der Versicherten ist zur Unterweisung in der Regel nicht ausreichend. Die mündliche Unterweisung hat in verständlicher Form und Sprache stattzufinden.
Bedeutung der Unterweisung
Mit der Unterweisung gibt der Unternehmer den Versicherten konkrete auf den Arbeitsplatz oder die Arbeitsaufgabe ausgerichtete Erläuterung und Anweisung bezüglich der sicheren und gesundheitsgerechten Ausführung ihrer Tätigkeiten. Die Unterweisung bezweckt, dass die Versicherten die vorgesehenen Maßnahmen kennen und anwenden können, die der Unternehmer im Zuge seiner Gefährdungsbeurteilung ermittelt hat, um die mit den Tätigkeiten verbundenen Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit zu kompensieren. Daraus wird deutlich, dass die Versicherten auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen bekommen müssen. Art und Weise sowie der Umfang einer Unterweisung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur vorhandenen Gefährdungssituation und der Qualifikation der Versicherten stehen.
Unterweisungsanlässe
Anlässe für eine Unterweisung sind z. B.
- Aufnahme einer Tätigkeit,
- Zuweisung einer anderen Tätigkeit,
- Veränderungen im Aufgabenbereich,
- Veränderungen in den Arbeitsabläufen,
- Einführung neuer Arbeitsmittel, neuer Technologien oder neuer Arbeitsstoffe,
- neue Erkenntnisse nach der Überarbeitung der Gefährdungsbeurteilung,
- Ergebnisse von Betriebsbesichtigungen,
- Unfälle, Beinaheunfälle und sonstige Schadensereignisse.
In den Fällen der letzten beiden Punkte liegt eine Abweichung von den vorgesehenen
Maßnahmen oder Zuständen vor. Nach Unfällen, Beinaheunfällen und sonstige Schadensereignissen kann es erforderlich sein, die aus der Gefährdungsbeurteilung
abgeleiteten Maßnahmen zu überprüfen.
Die Unterweisung der Versicherten hat in allen Fällen vor Aufnahme der Tätigkeit
zu erfolgen.
Unterweisung bei Arbeitnehmerüberlassung
Bei einer Arbeitnehmerüberlassung ist gemäß § 12 Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz zur betriebsspezifischen Unterweisung der Entleiher verpflichtet. Hierbei sind die Erfahrungen und Qualifikationen der Personen, die ihm zur Arbeitsleistung überlassen worden sind, zu berücksichtigen. Sonstige Arbeitsschutzpflichten des Verleihers als Unternehmer, insbesondere die Pflicht zur allgemeinen Unterweisung (unabhängig vom konkreten Arbeitsplatz oder Aufgabenbereich), bleiben unberührt.
Unterweisungsinhalte
Die Unterweisung hat mindestens zu umfassen
- die konkreten, arbeitsplatz- und arbeitsaufgabenbezogenen Gefährdungen,
- die dagegen getroffenen und zu beachtenden Schutzmaßnahmen,
- die vorgesehenen sicherheits- und gesundheitsgerechten Handlungsweisen (das Verhalten),
- die Notfallmaßnahmen,
- die einschlägigen Inhalte der Vorschriften und Regeln.
Als Grundlage für die Unterweisungsinhalte müssen z. B. berücksichtigt werden
- Betriebsanleitungen von einzusetzenden Arbeitsmitteln, insbesondere Maschinen,
- sonstige Betriebsanweisungen,
- die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung.
Zeitpunkt und Fristen für die Unterweisung
Die Unterweisung der Versicherten muss gemäß § 12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen, d.h. abhängig von der Größe des Betriebes und der Arbeitssituation/Gefährdung erfolgen. Bei unveränderter Gefährdungssituation und Arbeitsaufgabe ist die Unterweisung mindestens jährlich zu wiederholen, um die Unterweisungsinhalte den Versicherten wieder in Erinnerung zu rufen und aufzufrischen. Treten innerhalb der Jahresfrist Unterweisungsanlässe ein (siehe oben), muss eine zusätzliche und auf den Unterweisungsanlass bezogene Unterweisung durchgeführt werden. Kürzere Unterweisungsintervalle können sich aus speziellen Arbeitsschutzvorschriften ergeben, z. B. § 29 Jugendarbeitsschutzgesetz, der eine halbjährliche Unterweisung fordert.
Dokumentation der Unterweisung
Die Unterweisung muss dokumentiert werden, damit der Unternehmer den Nachweis führen kann, dass er seiner Unterweisungsverpflichtung nachgekommen ist. Der Nachweis kann z. B. in Form des nachstehenden Musters erfolgen. Dieses Muster enthält alle notwendigen Angaben, wie Betriebsteil, Datum und Inhalt der Unterweisung, Namen der Versicherten und des Unterweisenden. Mit ihrer Unterschrift bestätigen die Versicherten die Teilnahme an der Unterweisung und dass sie den Inhalt der Unterweisung verstanden haben (s. Muster).
Unterweisung mit elektronischen Hilfsmitteln
Grundsätzlich sind persönliche Unterweisungen durchzuführen; als Hilfsmittel sind elektronische Medien einsetzbar. Bei Unterweisungen mit Hilfe elektronischer Medien ist allerdings darauf zu achten, dass diese Unterweisungsinhalte arbeitsplatzspezifisch aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden, eine Verständnisprüfung stattfindet und ein Gespräch zwischen Versicherten und Unterweisenden jederzeit möglich ist.
§ 4 (2)
Der Unternehmer hat den Versicherten die für ihren Arbeitsbereich oder für ihre Tätigkeit relevanten Inhalte der geltenden Unfallverhütungsvorschriften und Regeln der Unfallversicherungsträger sowie des einschlägigen staatlichen Vorschriften- und Regelwerks in verständlicher Weise zu vermitteln.
Die Inhalte sind so zu vermitteln, dass sie von den Versicherten verstanden werden. Ist eine sprachliche Verständigung nicht ausreichend, sind andere geeignete Kommunikationsmittel, z. B. Skizzen, Fotos, Videos, einzusetzen. Ein Aushändigen der Vorschriften oder Regeln reicht nicht aus. Der Unternehmer hat sich zu vergewissern, dass die Versicherten die Inhalte verstanden haben.
Dies kann z. B.
- durch das Stellen von Verständnisfragen an den Versicherten,
- durch Vorführenlassen des Handlungsablaufs durch den Versicherten,
- durch Beobachtung der Arbeitsweise des Versicherten
erfolgen.
§ 4 (3)
Der Unternehmer nach § 136 Absatz 3 Nummer 3 Alternative 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) hat den Schulhoheitsträger hinsichtlich Unterweisungen für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b SGB VII zu unterstützen.
Der Schulsachkostenträger hat den Schulhoheitsträger bei dessen Unterweisungspflicht für die Schüler/innen zu unterstützen. Auf die Erläuterungen zu §1 Abs. 2 dieser Vorschrift wird verwiesen.